Wann endet eine private Krankentagegeldversicherung?
Eine private Krankenversicherung hält ein Leben lang, so heißt es in einem bekannten Werbespot. Aber ist das auch bei einer Krankentagegeldversicherung so?
Eine Krankentagegeldversicherung zahlt für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit eine bestimmte, vertraglich vereinbarte Summe, die durch die Höhe des bisherigen Einkommens begrenzt ist. Grundsätzlich wird Krankentagegeld ohne zeitliche Begrenzung für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt. Eine Aussteuerung wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es jedenfalls nach den Musterbedingungen nicht.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Versicherung eine Krankentagegeldversicherung in den ersten drei Jahren kündigen, zum Beispiel ist dies gegenüber Selbständigen möglich. Danach überwiegt der soziale Schutzgedanke und die Versicherung kann die Krankentagegeldversicherung nur in ganz bestimmten Fällen beenden. In der Praxis sind meist der Wegfall der Versicherungsfähigkeit und der Eintritt von Berufsunfähigkeit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Denn die Versicherung ist oft sehr daran interessiert, den kostspieligen Versicherten los zu werden.
So abstrakt der Ausdruck „Wegfall der Versicherungsfähigkeit“ klingt, in Wirklichkeit geht es um die berufliche Existenz und sozialen Mindestschutz. Arbeitnehmer können zum Beispiel Ihre Krankentagegeldversicherung verlieren, wenn Sie kündigen oder gekündigt werden, Selbständige, wenn sie nach längerer Krankheit ihr Gewerbe abmelden, den Betrieb verkaufen oder insolvent werden.
Die Rechtsprechung, allen voran der BGH, war gerade in letzter Zeit mit einigen Problemfällen befasst und hat die Rechte der Versicherten gestärkt.
Sie hat in vielen Urteilen entschieden, dass die Beendigung der Tätigkeit für sich allein genommen noch nicht zum Wegfall der Versicherungsfähigkeit führt. Kritisch wird es für Arbeitnehmer immer dann, wenn sie nicht sogleich mit der neuen Tätigkeit beginnen. Stellensuche, Arbeitslosigkeit, Umschulung und ein notwendiger Urlaub geben aber dem Krankenversicherer noch keinen stichhaltigen Grund dafür, die Versicherung zu beenden.
Häufig ist in derartigen Fällen der Arbeitnehmer nicht nur stellenlos, sondern außerdem noch arbeitsunfähig erkrankt. Solange der Versicherte wegen seiner Krankheit daran gehindert ist, auf Jobsuche zu gehen, wird sich seine Versicherung jedoch sehr schwer tun, einen Wegfall der Versicherungsfähigkeit nachzuweisen.
Ein Selbständiger, der aufgrund einer Erkrankung seine gewerbliche Tätigkeit einstellt, verliert seine Versicherungsfähigkeit noch nicht. Wenn er aber sein Desinteresse an der Fortführung seiner Berufstätigkeit bekundet oder durch äußere Umstände an der Fortführung gehindert wird, wird die Versicherung ihm kein Krankentagegeld mehr zahlen müssen, weil sein Versicherungsschutz endet. Wer seinen Betrieb veräußert oder insolvent wird, verliert daher seine Versicherungsfähigkeit. Bei der Abmeldung des Gewerbes kommt es jedoch auch auf die Beweggründe an.
Verliert der Versicherte seine Versicherungsfähigkeit und damit seinen Anspruch auf Krankentagegeld, muss seine Krankenversicherung ihm eine Anwartschaftsversicherung anbieten, in der sie sich dazu verpflichtet, ihn zu versichern, wenn er wieder eine versicherungsfähige Tätigkeit aufnimmt.
Der zweite, sehr häufige Beendigungsgrund ist die Berufsunfähigkeit des privat Krankenversicherten. Aber Vorsicht: Je nachdem, ob es sich um eine private Krankenversicherung, eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder um die gesetzliche Rentenversicherung handelt, wird der Begriff der Berufsunfähigkeit an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft und unterscheidet sich somit ganz erheblich voneinander. Wer berufsunfähig in der privaten Krankenversicherung ist, muss nicht berufsunfähig im Sinn der Berufsunfähigkeitsversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung (dort jetzt „Minderung der Erwerbsfähigkeit“) sein.
In der privaten Krankenversicherung wird vorausgesetzt, dass der
Berufsunfähige im bisher ausgeübten Beruf mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Der Versicherte darf nicht mehr in der Lage sein, seinen durchschnittlichen Arbeitsanfall zu wenigstens 50 % zu bewältigen. Dabei ist auf die konkrete Berufstätigkeit bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit abzustellen.
Die Versicherung kann Berufsunfähigkeit nach herrschender Meinung erst ab dem Zeitpunkt annehmen, wenn ein objektiver medizinischer Befund vorliegt, der die Berufsunfähigkeit bestätigt. Strittig ist dabei, ob der ärztliche Bericht eine explizite Aussage zur Berufsunfähigkeit treffen muss oder ob aufgrund der dargestellten Befunde auf Berufsunfähigkeit geschlossen werden kann.
Die Berufsunfähigkeit muss außerdem „auf nicht absehbare Zeit“ bestehen. Die Prognose muss so schlecht sein, dass mit der Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit überhaupt nicht mehr zu rechnen ist. Nicht unumstritten ist, ob es für die Annahme von Berufsunfähigkeit genügt, wenn nicht einmal ungefähr voraussehbar ist, wie lange dieser Zeitraum noch andauern wird. Das klingt recht schwammig - selbst für Juristen.
Die Praxis hat daher in mehreren Urteilen versucht, eine praktikablere Handhabung zu finden und auf einen Dreijahreszeitraum abgestellt, das heißt, die Prognose muss einen dreijährigen Zeitraum umfassen. Ab einer dreijährigen Arbeitsunfähigkeit wird es also für den Versicherten kritisch, allein aufgrund der langen Dauer als berufsunfähig eingestuft zu werden. Derartig lange Arbeitsunfähigkeitszeiten sind bei psychischen Erkrankungen nicht ungewöhnlich. Der BGH hat jedoch dieser Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte eine klare Absage erteilt und ausgeführt (BGHZ 186, 115), dass auf keinen bestimmten Zeitraum abgestellt werden kann. Der Versicherungsnehmer wird aber zu beachten haben, dass der BGH betont, dass die Prognose - gegebenenfalls rückschauend - für den Zeitpunkt zu stellen ist, für den der Versicherer das Ende seiner Leistungspflicht behauptet.