Vorschuss aus der Berufsunfähigkeitsversicherung?
Das einst beliebteste Vorsorgemodell der Deutschen, die Lebensversicherung, hat ausgedient. Die anhaltende Zinsflaute am Kapitalmarkt setzt die Branche unter Druck. Der sinkende Garantiezins hat auch Auswirkungen auf die (als „BUZ“ oft mit einer Lebensversicherung verbundene) Versicherung bei Berufsunfähigkeit. Auf der einen Seite werden die Beiträge für die Berufsunfähigkeitsversi-cherung erhöht, auf der anderen Seite sind die Versicherer zum Sparen gezwungen. Leider wird der Sparzwang aber oft einseitig auf dem Rücken der Kunden ausgetragen. Aus anwaltlicher Sicht ist zu beobachten, dass Berufsunfähigkeitsversicherer häufig eine adäquate und korrekte Schadensregulierung vermissen lassen. Vielmehr neigen sie dazu, pauschal Leistungen zu versagen, viele Kunden scheuen einen Rechtsstreit. Und wenn der Kunde doch klagt, muss er ja erst seine Berufsunfähigkeit vor Gericht beweisen - es gibt viele Fallstricke - selbst wenn es nicht so gut läuft, kann man sich aus Sicht des Versicherers immer noch vergleichen.
Bis der Kunde alle Fragebögen ausgefüllt hat und seine Ärzte alle Arztauskünfte erteilt haben, vergeht eine Menge Zeit. Eine Klage ist aufwändig, die Gerichte sind überlastet, ein Rechtsstreit dauert.
Wie kann der Kunde aber möglichst schnell an sein Geld kommen, ehe er ganz ausgehungert wird? Einen Anspruch auf einen „Vorschuss“ gibt es nicht. Nicht so bekannt ist aber, dass der Versicherungsnehmer nach § 14 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz nach Ablauf eines Monats Abschlagszahlungen in Höhe des Betrags verlangen kann, den die Berufsunfähigkeitsversicherung voraussichtlich mindestens zu zahlen hat.
Voraussetzung ist jedoch, dass der Versicherungsnehmer die Verzögerung nicht verschuldet hat und die Leistungen fällig sind. Er muss Fragebögen ausfüllen und geforderte Unterlagen einreichen. Er hat auf seine Kosten ausführliche und vollständige Berichte seiner Ärzte einzureichen, die Aussagen zum Grad der Berufsunfähigkeit und Feststellungen zur voraussichtlichen Dauerhaftigkeit enthalten. Vielen Versicherungen genügt es, wenn der Versicherte seine Ärzte von der Schweigepflicht entbindet. Der Versicherungsnehmer muss es sich aber sogar zurechnen lassen, wenn seine behandelnden Ärzte angeforderte Berichte nicht übersenden.
Der Versicherte muss ärztliche Untersuchungen dulden, ausgenommen Untersuchungen, die mit ernsthaften Risiken oder schweren Schmerzen verbunden sind. Der Versicherer ist bei der Auswahl des untersuchenden Arztes frei. Nur wenn der Versicherer zustimmt, darf der Versicherte einen Arzt seines Vertrauens auswählen - auf seinen behandelnden Arzt wird sich der Versicherer aber nicht einlassen.
Außerdem muss er Unterlagen über seinen Beruf einreichen. Dazu gehören Zeugnisse, Arbeitsverträge und ein Tätigkeitsprofil. Ein Selbständiger ist dazu verpflichtet, erbetene betriebswirtschaftliche Auskünfte und betriebswirtschaftliche Unterlagen vorzulegen (OLG Köln, r+s 2008, 520), dazu gehören rechtskräftige Steuerbescheide und Vorauszahlungsbescheide und je nach Status und Gesellschaftsform die Einnahmen-Überschuss-Rechnung bzw. der Jahresabschluss der letzten drei „gesunden“ Jahre, für das laufenden Jahr die betriebswirtschaftliche Auswertung, ggf. Kontennachweise und Lohnjournale. Hier können bei der Auswertung verschiedene Probleme auftreten, zum Beispiel kann bei einem Versicherten, der schon lange vor der Berufsunfähigkeit erkrankte und nur mit halber Kraft und längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten tätig war, nicht von einem tauglichen Vergleichszeitzeitraum gesunder Tätigkeitsjahre gesprochen werden, der Vergleichszeitraum ist also ggf. noch weiter auszudehnen und der Versicherte sollte in eigenem Interesse ggf. auch die Ergebnisse noch früherer Geschäftsjahre einreichen.
Schließlich müssen Nachweise über die Mitarbeiterzahl, der Position, Tätigkeit und Einkommen vorgelegt werden. Außerdem muss der Versicherungsnehmer Auskunft über weitere Berufsunfähigkeits-versicherungen geben.
Die Liste ist nicht vollständig, der Versicherer kann weitere notwendige Auskünfte und Belege im Rahmen des Erforderlichen und billigerweise Zumutbaren verlangen. Dennoch sollte sich der Versicherungsnehmer genau überlegen, welche Informationen er von sich aus preisgibt.
Im Zweifel kann der Rechtsanwalt helfen und bei der Versicherung Druck machen.